Alternativenentwicklung und -vergleich

Parallel zur iterativen Er- bzw. Überarbeitung des städtebaulichen/freiraumplanerischen/verkehrlichen Konzepts bspw. im Zuge der Vorentwurfsplanung zu einem Bebauungsplan bzw. noch im Rahmen der Bedarfsplanung von Vorhaben werden die ersten Hinweise zur Regenwasserbewirtschaftung aus den vorherigen Schritten nun im Rahmen einer Alternativenentwicklung vertieft. Dies erfordert in der Regel ein interdisziplinäres Planungsteam, z. B. mit ingenieurtechnischen und landschaftsarchitektonischen Kompetenzen.

Dieser zweite Planungsschritt hat im Sinne einer Machbarkeitsstudie zum Ziel, prinzipielle Lösungswege für die Regenwasserbewirtschaftung vor dem Hintergrund der im vorherigen Schritt erfassten Rahmenbedingungen und Vorhabens- bzw. Gebietsziele aufzuzeigen und zu bewerten.

Umfasst das Plangebiet sowohl öffentliche als auch private Flächen, werden beide im Sinne eines Gesamtkonzepts mit einbezogen – vom Gebäude bis hin zu Straßen und Plätzen.

Planungshilfen

Die Alternativenentwicklung enthält Vorschläge zu prinzipiellen technischen Lösungen, verortet diese grob – soweit möglich – und schätzt überschlägig die Flächenbedarfe sowie Investitions- und Betriebskosten auf Basis von Kennziffern ab. Folgende Planungshilfen bieten eine Orientierung hierfür:

Maßnahmensteckbriefe der Regenwasserbewirtschaftung – Ergebnisse des Projektes KURAS (Riechel et al. 2017)
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Leistungsfähigkeit von praxiserprobten Formen der dezentralen und zentralen Regenwasserbewirtschaftung im urbanen Kontext (SenUVK 2018c)
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Planungshilfe für eine dezentrale Straßenentwässerung (SenUVK, BWB 2018)
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Im Hinblick auf die grundsätzlichen Anforderungen an den stofflichen Grundwasser- sowie Gewässerschutz ist die Prüfung der eventuellen Behandlungsbedürftigkeit des Regenwassers erforderlich – bspw. anhand von Verkehrsprognosen oder Flächennutzungen. Insbesondere in Wasserschutzgebieten gelten dazu vergleichsweise hohe Anforderungen gemäß Wasserschutzgebietsverordnungen (SenUVK 2021) und NWFreiV, weswegen in diesen Gebieten die Möglichkeiten für die Regenwasserversickerung begrenzt sind. Mithilfe der jeweils geltenden Wasserschutzgebietsverordnung ist zu prüfen, ob eine Versickerung zulässig ist und welche Qualität das Regenwasser aufweisen muss. Eine Orientierung zur qualitativen Bewertung von Regenabflüssen und ggf. notwendigen Maßnahmen zur Regenwasserbehandlung bieten das Merkblatt der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) DWA-M 153 sowie die Hinweisblätter 1 (Einleitung in Oberflächengewässer, SenUVK 2018d) und 2 (Versickerung von Niederschlagswasser, SenUVK 2018b) der Wasserbehörde (SenUVK II D) für Antragsteller:innen bzw. beauftragte Fachplaner:innen.

Im Zuge der Alternativenentwicklung empfiehlt sich zudem die Durchführung einer vereinfachten Wasserhaushaltsbilanzierung für das gesamte Plangebiet in Anlehnung an das Merkblatt DWA-M 102-4.

Die Durchführung einer topografischen Gefährdungsanalyse in Anlehnung an das Merkblatt DWA-M 119 ermöglicht darüber hinaus eine Abschätzung der Vulnerabilität bei Starkregen sowie die Ableitung von Vorgaben für die Verkehrs-, Freiraum- und Hochbauplanung.

Im Fokus der Bewertung möglicher Alternativen stehen die im vorherigen Planungsschritt vereinbarten monetären und nicht-monetären Vorhabens- bzw. Gebietsziele mit Bezug zur Regenwasserbewirtschaftung. Je nach vereinbarten Zielvorstellungen und vorhandenen Ressourcen, können quantitative oder qualitative Möglichkeiten der Bewertung gewählt werden. Es ist empfehlenswert, dass das beauftragte Planungsteam mit dem/der Auftraggeber:in geeignete Bewertungsindikatoren und methodische Vorgehensweisen vereinbart, wobei erste Vorschläge dazu bereits Bestandteil des Angebots sein können.

Der Leitfaden für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zur Bewertung von Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung bietet eine methodische Orientierung für eine Wirtschaftlichkeitsbewertung unter Einbeziehung nicht-monetärer Ziele (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung – SenS – 2011).

Eine Unterrichtung und Möglichkeit zur Äußerung verschiedener Akteurinnen und Akteure zu dem iterativ erarbeiteten städtebaulichen/freiraumplanerischen/verkehrlichen Konzept und den zugehörigen Alternativen für den Umgang mit Regenwasser bspw. im Zuge der Vorentwurfsplanung zu einem Bebauungsplan bzw. noch im Rahmen der Bedarfsplanung von Vorhaben ist empfehlenswert. Basierend auf der durchgeführten Alternativenbewertung durch das Planungsteam und ggf. der Auswertung und Abwägung von Hinweisen einbezogener Akteurinnen und Akteure wird eine Vorzugslösung für die Regenwasserbewirtschaftung ausgewählt – in der Regel von dem/der Auftraggeber:in. Wichtig dabei ist, dass die Entscheidung dokumentiert und ggf. der SenUVK II B und II D und/oder UmNat sowie weiteren am vorherigen Zielfindungsprozess Beteiligten – und bei öffentlichen Straßen und Plätzen auch den BWB – gegenüber kommuniziert wird.

 

Folgende Abbildung fasst die einzelnen Handlungsempfehlungen und Rollen bzw. Zuständigkeiten der relevanten Akteurinnen und Akteure für den zweiten Planungsschritt zusammen.

Planungsschritt 2
Erarbeitung und Bewertung prinzipieller Lösungswege (Machbarkeitsstudie)
Entwicklung von Vorschlägen zu technischen Lösungen
grobe Verortung und überschlägige Abschätzung der Flächenbedarfe sowie Investitions- und Betriebskosten
Prüfung der Behandlungsbedürftigkeit des Regenwassers
Durchführung einer vereinfachten Wasserhaushaltsbilanzierung
Durchführung einer topografischen Gefährdungsanalyse im Sinne der Überflutungsvorsorge
Alternativenbewertung und Auswahl der Vorzugslösung

Wer?

Beauftragung durch Vorhabenträger:in oder planende Abteilung Bezirk bzw. Senat

 

Erarbeitung durch Fachplaner:in

 

öffentliche Straßen und Plätze:
Einbindung BWB, SenUVK II B und II D und/oder UmNat + ggf. weitere Akteurinnen und Akteure

 

Privatflächen:
Einbindung SenUVK II B und II D und/oder UmNat + ggf. weitere Akteurinnen und Akteure

Exkurs

architektonisches/städtebauliches/freiraumplanerisches Wettbewerbs- bzw. Werkstattverfahren

Der Schritt Alternativenentwicklung und -vergleich kann – soweit es erste konzeptionelle Überlegungen zur Architektur/zum Städtebau/zur Freiraumgestaltung gibt – bereits vor Beginn eines Wettbewerbs- bzw. Werkstattverfahrens oder parallel dazu beauftragt werden und als Planungsgrundlage in das Verfahren Eingang finden bzw. durch die Teilnehmer:innen-Teams konkretisiert werden. Das mit der Alternativenentwicklung beauftragte Planungsteam kann dann im Rahmen des Verfahrens bspw. auch die Rolle eines Beraters/einer Beraterin für die Teilnehmer:innen-Teams oder eines/einer Sachverständigen einnehmen, um die architektonischen/städtebaulichen/freiraumplanerischen Entwürfe im Hinblick auf die ggf. vorhandenen Wettbewerbsvorgaben im Bereich Regenwasserbewirtschaftung zu bewerten.

 

Andernfalls kann die Alternativenentwicklung auch auf die einzelnen Teilnehmer:innen-Teams des Wettbewerbs- bzw. Werkstattverfahrens übertragen werden. Dadurch werden im Sinne des Verfahrens automatisch verschiedene Alternativen für die Regenwasserbewirtschaftung generiert. Bei den einzelnen Teilnehmer:innen-Teams kann dies zu einem erhöhten Aufwand bei der Entwurfserarbeitung führen.

 

Durch folgende weitere Schritte kann die Regenwasserbewirtschaftung in architektonische/städtebauliche/freiraumplanerische Wettbewerbs- bzw. Werkstattverfahren integriert werden:

 

  • Ergänzung der Auslobungsunterlagen um wasserwirtschaftliche Kriterien bei den Vorgaben bzw. bei der Definition von Bewertungskriterien für die Entwürfe.
  • Hinweis zur interdisziplinären Zusammensetzung der Teilnehmer:innen-Teams (neben Stadtplanungs- und Architekturkompetenzen auch Ingenieurs- und Landschaftsarchitekturkompetenzen) oder zur Notwendigkeit der Einbindung jener Fachplaner:innen im Verfahren als Berater:innen.
  • Besetzung des Preisgerichts bzw. Gutachtergremiums sowie der Sachverständigen mit wasserwirtschaftlichen Expert:innen (z. B. unabhängigen Fachplaner:innen, BWB, SenUVK II B und/oder II D).